Diese Pflanzen werden in einem erdlosen Anbausystem von Pflanzentheke angebaut. Diese Pflanzen werden in einem erdlosen Anbausystem von Pflanzentheke angebaut.

Diese Technologie schützt Landwirtschaft vor Klimaextremen

Weil traditionelle Äcker schutzlos dem Klima ausgeliefert sind, entwickeln Unternehmen Technologien, die Ernten vollständig vor Wetterextremen schützen: erdlose Anbausysteme. Ein Gastbeitrag von der Pflanzentheke GmbH.

50 Prozent Ernteausfall bei einem einzigen Wetterextrem. So sieht die neue Realität für deutsche Landwirt*innen aus. Hagel, Dürre und Überschwemmungen vernichten mittlerweile regelmäßig die Hälfte einer Ernte. Die deutsche Landwirtschaft steht vor ihrer größten Herausforderung seit Jahrzehnten. 2024 ernteten deutsche Landwirt*innen 9,1 Prozent weniger Getreide als im Vorjahr. Wetterextreme werden zur Normalität.

Solche sog. erdlosen Anbausysteme ermöglichen Wetter-unabhängige Landwirtschaft - und damit vor Wetterextremen geschützte.
Solche sog. erdlosen Anbausysteme ermöglichen eine Wetter-unabhängige Landwirtschaft – und damit eine vor Wetterextremen geschützte.

Geschützte Systeme gegen unberechenbare Natur

Erdlose Anbausysteme funktionieren nach einem simplen Prinzip. Die Pflanzen wachsen in geschützten Umgebungen: Folientunnel, Gewächshäuser oder geschlossene Hallen. Hagel kann den Pflanzen nichts anhaben. Dürre wird irrelevant. Überschwemmungen erreichen die Wurzeln nicht. Das System basiert auf geschlossenen Bewässerungskreisläufen. Eine Nährlösung fließt in regelmäßigen Abständen durch Pflanzrinnen. Die Pflanzen nehmen über ihre Wurzeln genau die Menge an Wasser und Nährstoffen auf, die sie benötigen. Der Rest geht nicht verloren. Die Nährlösung wird zurückgeleitet, aufbereitet und wiederverwendet. Keine Versickerung im Boden. Keine Verdunstung bei starker Sonneneinstrahlung. Jeder Tropfen Wasser wird optimal genutzt.

90 Prozent weniger Ressourcen für fünffachen Ertrag

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Erdlose Systeme sparen 90 Prozent Wasser im Vergleich zum traditionellen Feldanbau. 85 Prozent weniger Dünger werden benötigt. Durch die vertikale Anbaurichtung entstehen fünfmal höhere Erträge pro Quadratmeter.

Die Pflanzen wachsen in geschützter Umgebung. © Lucas Günze
Die Pflanzen wachsen in geschützter Umgebung. © Lucas Günze

Die automatische Bewässerung reduziert den Arbeitsaufwand drastisch. Landwirte müssen nur noch die Pflanzen kontrollieren, ernten und das System neu bestücken. Dr. Michael Müller von der Pflanzentheke GmbH erklärt die Effizienz:

„Die Pflanzen werden optimal versorgt. Sie erhalten genau die Menge an Nährstoffen, die sie auch in einem optimalen natürlichen Boden erhalten würden.“

Der entscheidende Unterschied liegt in der Verfügbarkeit. Ausgelaugte Böden können oft nicht mehr die optimale Nährstoffversorgung gewährleisten. Erdlose Systeme schon.

Warum Landwirte zögern und dann überzeugt werden

Bis vor wenigen Jahren war diese Technologie für die meisten Landwirte irrelevant. Der Anbau im Boden funktionierte noch ausreichend gut. Das hat sich fundamental geändert. Wetterextreme, schlechte Bodenqualität, strenge Umweltauflagen und Personalmangel üben enormen Druck aus, auch wirtschaftlich. Dr. Müller berichtet von seinen Erfahrungen:

„Wenn Landwirte den Arbeitsaufwand in das Verhältnis zu den Erträgen setzen und die Systeme vor Ort begutachten können, wird ihnen sehr schnell klar, dass das ein Zukunftsweg ist.“

6.000 Euro Einstieg mit schneller Amortisation

Die Investitionshürde ist niedrig. Das modulare Baukastensystem ermöglicht einen schrittweisen Einstieg. Das kleinste System für Landwirt*innen kostet zwischen 6.000 und 7.000 Euro. Aufgrund der hohen Ressourceneffizienz und Ertragssicherheit amortisiert sich die Investition nach zwei bis vier Jahren. Müller empfiehlt einen gezielten Einstieg. Landwirte sollten sich ihren Markt genau anschauen und überlegen, mit welcher Kultur sie starten möchten, um Erfahrungen zu sammeln. Diese Herangehensweise minimiere das Risiko und maximiere die Lernkurve.

Durch die vertikale Anbaurichtung entstehen fünfmal höhere Erträge pro Quadratmeter.
Durch die vertikale Anbaurichtung sind sehr viel höhere Erträge pro Quadratmeter möglich.

„From Farm to Fork“ wird zur Realität

Erdlose Systeme könnten direkt am Ort des Konsums errichtet werden. Die Transportwege schrumpfen auf ein Minimum. Gemüse aus dem Supermarkt schmeckt oft fade, weil es früh geerntet wird und lange Transportwege hinter sich hat. Bei lokaler Produktion werden die Pflanzen mit hoher Reife geerntet. Die Frische bleibt erhalten. Die Geschmacksintensität steigt merklich.

Restaurants könnten theoretisch ihren eigenen Salat anbauen. Die nötige Infrastruktur beschränkt sich auf eine geeignete Fläche für ein kleines Gewächshaus. Allerdings müssen Gastronomen dann auch die Verantwortung für den Anbau und die Kontrolle übernehmen.

Vision einer geteilten Landwirtschaft

Die Zukunft wird keine komplette Abkehr von traditionellen Äckern bringen. Stattdessen entsteht idealerweise eine intelligente Arbeitsteilung. Gemüse, Beerenobst bzw. Sonderkulturen wandern in geschützte, erdlose Systeme. Auf den Feldern können andere Kulturen angebaut werden, die dort noch mit höherer Ertragssicherheit gedeihen.

Die Entwicklung ist bereits im Gang. Drei Viertel der Deutschen sorgen sich wegen geringerer Ernte-Erträge aufgrund von Hitze und Trockenheit. Die Nachfrage nach sicheren Alternativen steigt kontinuierlich.

Hinter der erdlosen Technologie steht eine größere Vision. Wie können 10 Milliarden Menschen auf dem Planeten nachhaltig ernährt werden, ohne die natürlichen Ressourcen zu zerstören?

Vertikaler, erdloser Anbau. © Lucas Günzel
Vertikaler, erdloser Anbau. © Lucas Günzel

10 Milliarden Menschen nachhaltig ernähren

Erdlose Anbausysteme können einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Nahrungsmittelversorgung leisten. Sie ermöglichen Lebensmittelproduktion in Regionen, wo es heute aufgrund klimatischer Bedingungen schwierig ist, Menschen lokal mit frischem Gemüse zu versorgen. Michael Müller und sein Team arbeiten an dieser Vision. Das Unternehmen aus Lorsch hat bereits über 80 gewerbliche Kunden für seine Farmsysteme gewonnen. Die Technologie ist marktreif. Die Nachfrage wächst. Die Klimakrise beschleunigt den Wandel. Was als Nischentechnologie begann, wird möglicherweise zur „der“ Lösung für eine klimaresiliente Landwirtschaft. Die Frage ist also, wer führend in der Zukunftstechnologie wird.

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